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Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg
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Im Ufo nach Finnland

Zehn Pfadis aus dem Stamm Gerrich auf großer Tour durch das Land der tausend Seen

Als sich im Herbst 2008 die alljährliche Frage wieder stellte, durch welchen Winkel der Welt wir diesmal den Inhalt unseres Materialkellers schleifen wollen, war die Antwort bald gefunden: Finnland soll es sein! Flugs werden die ersten Pläne geschmiedet: Geld muss her, Ausrüstung und ein Plan für die Fahrt.

Für eine Handvoll Trödel

Vorschau Eine Idee für die Finanzierung ist schnell gefunden: Wir verkaufen einfach anderer Leut’s Krempel. Mit nur dezenten Impulsen im Gemeindeblättchen treten wir unverhofft eine gigantische Trödellawine los, die uns logistisch einiges abfordert. Erstaunlich hochwertigen Tip-Top-Trödel fördern wir aus so manchen Kellern und drapieren darum herum noch ein nettes Sommerfest mit gitarrisierter Stockbrot-Jurte, Kaffee&Kuchen, Grill, schmucken Cocktails, niedlichen Bierchen, blauem Himmel und Sonnenschein.

Nächste Möglichkeit rechts abbiegen

Vorschau Nach einem famos vertrödelten Tag mit Hilfe von Rovern, der Leiterrunde und vielen engagierten Mitarbeitern und Eltern dann der spannende Augenblick: Kassensturz! Und sie fällt wie ein Stein: 1.900,- € ! Yeeaaaah! *lufthol* Yeaaaah! Den übriggebliebenen Trödel kehren wir stillschweigend unter eine Teppichecke und überlegen uns fürs nächste Mal eine bessere Lösung…

Die Knoff-Hoff-Show

Vorschau Zum Auffrischen der im Alltag etwas vertrockneten Fahrtenfertigkeiten empfinden wir im schon hochsommerlichen Winnekendonk B.P.'s legendäres erstes Lager auf Brownsea Island nach: Vom Umgang mit Holzzerkleinerungsutensilien, Knoten knoten, bis hin zur Auffrischung unseres Wissens über pfadfinderliche Werte learnen wir soviel wir doen können. Am großen Abschlußabend werden Cedric und David ganz feierlich gestuft – jetzt sind alle zehn Fahrten-Pfadis komplett! Bis unter die Hirnkrempe vollgestopft mit frischem Wissen lassen wir voller Vorfreude das schöne Pfingstlager am Lagerfeuer ausklimpern…

Is it a bird? Or a plane?

Plötzlich werden die Vorbereitungen ganz konkret: Während der Gruppenstunden basteln wir uns durch die verschiedenen Zeltkonstruktionen, die man aus einem Stapel Schwarzmat so rauskitzeln kann. Der Renner ist schließlich das UFO, ein auf 30 cm hohem Holzfahrgestell schwebendes S-Jurtendach. Recht flunderig zwar, aber das Verhältnis „Material zu überdachter Grundfläche“ ist ungeschlagen. Ausserdem kann man super daneben stehen und mit gewichtiger Miene „Wir kommen in Frieden“ intonieren, ein nicht unwichtiger Aspekt bei Auslandsfahrten :]

You can leave your Head on…

Beim Packen der geliehenen, aus Kellern hervorgekramten oder frisch gekauften Rucksäcke passen wir auf wie die Schießhunde, dass sich kein einziges überflüssiges Pfund ins Gepäck verirrt –zuviel Gerümpel ist beim Wandern eine Hydraulik-Spaßbremse.
Der entworfene Plan für die Fahrt klingt überraschend einfach: Nach Joensuu fahren, eine Woche wandern und die zweite Woche in einem Häuschen erholen, das praktischerweise auch das Ziel der Wanderung markiert. Dort sollen die Pfadis ihr Versprechen ablegen. Alles andere bleibt ungeplant – wir wollen das Unvorhersehbare voll umarmen!
Während wir noch Rucksackgewichte kontrollieren, Liederheftchen zusammenkopieren und den Eßbedarf kalkulieren, stehen wir auch schon plötzlich in Helsinki und wundern uns, wo die Zeit geblieben ist. Übrigens als 14-köpfige Gruppe, denn in bester Beutlin-Manier haben wir noch den Pablo als Schleppkoch angeworben.

Endlos lang zieh’n sich die Straßen…

In Helsinki wechseln wir das Transportgerät von Turbine zu Schiene und lassen uns 5 Stunden weiter nach Norden transportieren. Dann Schiene zu Schuh – ein paar Kilometer ausserhalb bauen wir aus unserem Schwarzmat im Handumdrehen 7 kleine Zwerge Zelte und betten endlich unsere müden Häupter auf finnischer Erde…
Im Licht des nächsten Mittags betrachtet sieht die Landschaft etwas ernüchternd aus: In der Mitte eine Art Landstraße, rechts sind Bäume, links sind Bäume und dazwischen Zwischenräume. Trotz steten Trottens ändert sich das weder zum Nachmittag noch am Abend… das Gefühl von Laufband+Fototapete vertreiben wir, indem wir Finnland unser mitgebrachtes Liedgut vortragen. Und das zeigt sich dann auch abends in Form eines Gala-Zeltplatzes erkenntlich: Etwas abgelegen im Wald kann unser UFO landen! Stangen und Stöckchen sind schnell gefunden, denn der Boden finnischer Wälder besteht in der Hinsicht aus quasi vorgefertigtem Zeltmaterial. In einem nahe gelegenen Haus helfen uns nette Finnen zu vollen Wasservorräten und Einsichten in örtliche Unterwäschetragegepflogenheiten: der Herr trägt wieder eng o_O Den Abend verbringen wir ganz gemütlich in unserem Allzweckaufenthaltsraum mit Küche, Beleuchtung, Heizung, Musik und Sternenhimmel. Schon toll, so ein Lagerfeuer!
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14 Personen zum Beamen bereit

Am nächsten Tag beschließen wir, mittels finnischer Infrastruktur-Technologie den langweiligen Landstraßenteil einfach zu überbrücken. Zwei Busfahrten später stehen wir auf einmal mitten zwischen frischen gestrichenen Birken, durch deren Blätterdach goldgefilterte Sonnenstrahlen auf moosigen Felsen tanzen. Über allem spannt sich der ultramarine Himmel bis ganz nach unten auf den Horizont und bereitet die Bühne fürs Mammutbalett gewaltig aufgetürmter Wolkenmassive… Da isser ja, der richtige Spaß!

Ah, jetzt – ja!

Vorschau Die nächsten Tage schlendern wir bestens aufgelegt durch finnische Naturschauspiele... über schmale Holzstege durch morastige Wälder, durch sanftgewellte Mooshügel unter ewigem Nadelgrün, vorbei an rostroten Seen, zwischen deren saftiggrünem Schilf Libellen herumhelikoptern. Ohne direkt mit dem Finger auf die besonders beeindruckenden Landschaftsmerkmale zeigen zu können, webt die Summe der vielen subtil-schönen Details einen Zauber, dem man sich beim Wandern besonders gut und ausgiebig hingeben kann. Oder man reißt halt am laufenden Meter blöde Sprüche und vertreibt sich damit die Zeit, jeder halt wie er mag :D
Vorschau Der Weg durch das Koli-Nationalparkgebiet führt uns zu vielen tollen Lagerplätzen mit jeweils ganz eigenem Charakter - mal eine mondscheindurchflutete freie Ebene voller trockenem Brennholz (ein Paradies für Holztouristen!) in die wir unsere Kröten verstreuen, mal ein wilder Campingplatz mit Nachbarn, die uns nach 22:00 Uhr noch einen stummen Ufoaufbau diktieren (gar nicht leicht!) und als Highlight ein verlassener Campingplatz an einem See, den wir nach etwas Herumtelefonieren kostenlos benutzen dürfen. Vorschau Kulinarisches Highlight: Im zur Pommesbude umfunktionierten Holzhäuschen dürfen die Pfadis mal nach Lust und Laune bestellen was Sie wollen. Klar, hinterher kriegen alle nur Bratkartoffeln und Gemüse, aber für's Gefühl war's prima. Zugute kommt uns jetzt, dass wir uns kein zu erfüllendes Joch aus Tagespensen auferlegt haben. So können wir auch ohne schlechtes Gewissen mal einen Vormittag an einem schönen Strand eine Frühstücks-Chillmeisterschaft austragen oder einen Tag lang unser Gepäck liegen lassen und die neu gewonnene Leichtigkeit an der einzigen ernsthaften Erhebung der Gegend austoben.

Ich geh mal Ukko Koli

Vorschau Vom nur 350 hohen Gipfel dieser besagten höchsten Erhebung geniessen wir dann auch den bis dato majestätischsten Blick über die finnische Trinität Wald-Wasser-Wolke. Auch wenn einige von der Höhe des Berges zunächst nicht beeindruckt waren ("Da mach ich ja grössere Haufen!"), sorgt der ganz große Guckgenuß von oben herab für allseits freudiges Strahlen.
Später bürgert sich der Begriff Ukko-Koli dennoch als Synonym für den täglichen Spatengang ein, ein Umstand, den Ihr vielleicht aus Eurem Gedächtnis verbannen solltet, so Ihr denn auch mal selber die dortige Seilbahn nutzt ;) Vorschau
Derart wirre Assoziationsimpulse hinter uns lassend, brechen wir per Fähre nach Lieksa auf, vorletzte Station vorm Haus! In Lieksa selber empfängt uns die finnische Pfadfinderin Sylvia, mit der wir uns noch vor der Fahrt per Internet verabredet hatten. Abgesehen von dezenten Rucksackdissereien gewinnen wir bergeweise interessante Erkenntnisse aus Ihrem stets sprudelnden Informationsfluß... uff! Unsere letzte Etappe birgt noch einen exotischen Zeltplatz in einem großen waldumsäumten Sandloch, das wir für eine Runde Beachvolleyball zu nutzen wissen. (Gut, einen Ball hatten wir jetzt nicht direkt dabei... Kleinigkeiten...). Für's letzte Mal draußen Schlafen errichten wir eine Mückennetz-Reihenhaussiedlung mit Sternenblick... *haaaach*
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Es ist angerichtet

Vorschau Am nächsten Tag beschreiten wir endlich die ganz schmale Meteli-Landzunge, an deren Spitze sich unser Haus befinden soll. Kaum angekommen, macht sich Verwirrung und leichte Bestürzung breit... wir haben Nachbarn? Welches der Häuser ist denn jetzt unseres? Wo sind denn alle? Wenig später dämmert's uns: Keine Nachbarn, alles unsers! Da haben wir wohl den Jackpot gebucht, denn die Mit-den-Hände-überm-Kopf-vor-Freude-Herumrenn-Inspektion unserer Halbinselsiedlung ergibt: Zwei große Häuser mit tonnenweise Zimmern und Matratzen, Holzschuppen, Torfklo, Bootshaus, überdachte Feuerstelle, Strand, Sauna mit Steg in den See und noch eine zweite Feuerstelle an der äussersten Spitze der Landzunge mit Hammer-Echo. Und alles in dunkelrotem Astrid-Lindgren-Stil mit weissen Fensterrähmen und 70er-Jahre-Plastikstreifenvorhängen. So lässt es sich aushalten!
Während die Pfadis eines der Häuser zu einer durchgehenden Matratzenliegefläche umfunktionieren, erfinden die Leiter für die nächsten Tage noch etwas Programm:

Ich esse was, was Du nicht isst

Bislang gab's jeden Abend reichlich und sehr lecker zu essen - das wollen wir mal ein bisschen auf die Probe stellen! Der heutige Tag steht unter dem Motto: Wir essen, was wir finden. Ein Büchlein erzählt uns die theoretischen Grundlagen, und dann geht's in Kleingruppen los. Kaum beginnt die dramatische Abendhimmelshow, finden wir uns alle wieder am Strand ein und decken auf: Es gibt frischen Fisch, selbstgemachte Blaubeermarmelade, Beeren, zwei verschiedene Sorten Nudeln aus Birkenrinde und kleine Fladen aus gebratenem Islandmoos. (Kommentare des Abends: "Der Baum ist noch nicht durch" und "Mein Moos brennt an!"). Dazu gibt's als dezente Beilage einen Riesenberg Pfannekuchen, mit deren Hilfe sich die gesammelten Ingredenzien noch besser verschlingen lassen. Einzig die Birkenrunde schmeckt nicht so recht, wandert aber am nächsten Tag in geschroteter Form in den Pizzateig: Doch lecker :]
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Regen bringt Segen

Der nächste Tag bricht an - heute sollen sich die Pfadis als Vorbereitung auf Ihr Versprechen mit sich und der Gruppe auseinandersetzen. Mit chirurgischer Präzision hat auch genau für diesen Tag zum ersten Mal ein mieses Regenwetter eingesetzt, dass dieses Vorhaben ganz prächtig unterstützt. Vorschau Wir beginnen mit einer allgemeinen Diskussions- und Reflexionsrunde, wollen bewusst machen, was schon alles Tolles auf dieser Fahrt passiert ist, und wie die Gruppe jeden Tag spürbar zusammengewachsen ist. Im Anschluß verteilen wir die Pfadis einzeln über das Gelände und initiieren eine Art 4-Augen-Gesprächsstaffellauf. Dabei soll jeder Pfadi jedem anderen einen konstruktiven Hinweis geben, was er für sich und die Gruppe noch einbringen oder beibehalten könnte. So bekommt jeder von jedem Feedback, kann aber zu jedem was sagen - ein ziemlich gewaltiges Vorhaben, das auch den gesamten verregneten Tag einnimmt. Als dann abends am Strand in feierlicher Runde jeder Pfadi ein Versprechen ablegt, spürt man ganz deutlich, wie viel sich an diesem einzigen Tag in manchen Köpfen und Herzen bewegt hat. Woooow.
Vorschau Einen letzten Tag verbringen wir mit ausgiebigem Saunen, Angeln, Schwimmen, Rudern, Dichten, Singen und immer wieder Staunen über die sich im See spiegelnden Naturschauspiele. An einem einzigen langen Tag legen wir dann die gesamte Strecke nach Helsinki zurück. Während wir uns Helsinki noch anschauen, kommen wir auch schon wieder aus dem Düsseldorfer Flughafengate... mitten in ein riesiges Stammes- und Familienempfangskommittee, das zum Glück das schlimmste Instant-Fernweh mächtig lindert.
Zurück bleibt eine komische Mischung aus Wehmut und Glückseligkeit, die sich wohl nur mit der nächsten Fahrt kurieren lassen wird...
finden Bernadette Axel Julian & Pablo Vorschau
Nachtrag: Nach der Abrechnung ist sogar genug in der Gruppenkasse, um unsere durchs Fliegen verursachten CO2-Emissionen durch atmosfair zu kompensieren… natürlich retten wir die Welt! :]

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